Das Altbirkle im Magazin BAUART

Im Magazin BAUART erschien gerade ein toller Artikel unseres Architekten Christian Schwär zum Altbirkle, den wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten wollen:

Der Altbirklehof – kurz „Altbirkle“ – wurde 1550 erbaut und ist der drittälteste im Kern erhaltene Schwarzwaldhof. Das „spektakuläre Baudenkmal“ ist Keimzelle und Namensgeber der privaten Schule Birklehof. Der Hof liegt zentral im weitläufigen Schulgelände oberhalb des Höllentals im Breitnau/Hinterzarten.

Das bis dato siebenfach umgebaute, renovierte und erweiterte Gebäude wurde seit einigen Jahren nicht mehr genutzt, und im Zuge einer durch die Firma Sutter3 geplanten und durchgeführten Sanierung aus dem „Dornröschenschlaf“ geweckt. Entstanden ist ein Schwarzwaldhof, der den heutigen Anforderungen an Wohnkomfort mehr als gerecht wird und zugleich den Charme der Vergangenheit und eine nachhaltige und ökologische Bauweise erlebbar macht. Im Einzelnen wurden im
Gebäude zwei Familienwohnungen sowie eine Wohngemeinschaft für zwölf Jugendliche errichtet. Die historische Stube, die zweistöckige offene Rauchküche sowie der Hausgang wurden in ihren für den Schwarzwald typischen Zustand zurückgebaut, mit modernen Elementen ergänzt und dienen als Orte der Bewahrung der Schwarzwälder Kultur. Gleiches gilt für den wiederhergestellten Bauerngarten, der sich zwischen dem Gebäude und dem direkt an der Grundstücksgrenze vorbeiführenden beliebten Querweg Freiburg – Konstanz des Schwarzwaldvereins befindet.

„Dieses Haus ist für den Schwarzwald, was das Münster für Freiburg ist.“ 

Roland Schöttle, Geschäftsführer Naturpark Südschwarzwald

Mit dieser Aussage nimmt Herr Schöttle Bezug auf die vielen Erkenntnisse, die die Denkmalforschung bei der Begutachtung der alten Holzkonstruktion herausfinden konnte. So konnte an diesem Gebäude der Nachweis erbracht werden, dass die ursprünglichen Schwarzwaldhöfe vereinfacht gesprochen aus einem großen bis (nahezu) auf den Boden reichenden Walmdach bestanden. Diese Konstruktion diente dazu, die Bewohner und Tiere in den langen und strengen Wintermonaten zu beherbergen. Eine zweite äußere Wand bot den Schutz vor der Witterung und bildete einen inneren Zwischenbereich um das Gebäude ab. Die inneren Blockbohlenwände waren dadurch stets vor der Witterung geschützt und sind aus diesem Grund im Gebäude noch in guten Zustand erhalten.

Erst über die Jahrhunderte mit Entwicklung neuer Bautechniken wie z. B. in Masse verfügbaren Metallnägeln konnten Holzschindeln schnell und einfach auf die bislang innere Wand aufgebracht werden und die äußere sogenannte Schildwand entfallen. Dies ermöglichte wiederum, das tiefe Walmdach zurückzuschneiden und die Belichtung im Gebäude deutlich zu verbessern. So fanden viele neue Bautechniken und technische Errungenschaften Verwendung am Altbirklehof. Diese An-/Umbauten und Erweiterungen fanden zwischen 1550 und 1920 statt und dienten dazu, die Nutzung als Landwirtschaftsgebäude zu vereinfachen oder vergrößertem Platzanspruch der Bewohner gerecht zu werden. So etwa auch im Jahr 1680 das Anfügen der Hocheinfahrt, einer Rampe in das obere Geschoss des Hofes.

Bis 1920 wurde im Altbirklehof Landwirtschaft betrieben und sehr einfach gelebt. Gekocht wurde auf offenem Feuer und geheizt über dem Kachelofen in der Stube. Einen Kamin gab es nicht. Der entstehende Rauch zog von der sogenannten Rauchküche nach oben durch das komplette Gebäude und entwich über Öffnungen im Dach. Zeugen dieser Zeit sind die rußschwarzen Balken, die das Gebäude und den berühmten Schwarzwälder Schinken konservierten. In der wiederhergestellten Rauchküche wurde eine dieser Wände behutsam freigelegt und erhalten.

Zwischen 1920 und 1930 wurde das Gebäude von einem Industriellen aus Berlin gekauft. Dieser ließ zusammen mit dem Neubau des Haupthauses den Altbirklehof zum Landhaus umbauen. Zum Ende dieser Baumaßnahmen war das Anwesen des Birklehofes eines der modernsten Gebäude in der Umgebung mit teilweiser Zentralheizung, Strom sowie Telefonleitungen. Seit 1932 ist der Altbirklehof zusammen mit dem Haupthaus der Hauptsitz des reformpädagogischen Internates Schule Birklehof e. V.  Bis zum 2. Weltkrieg wohnten und lernten Schülerinnen und Schüler im Altbirklehof. Nach Wiedereröffnung des Internates nach dem Weltkrieg diente das Altbirkle als Wohn-/Verwaltungsgebäude, welches auch für den Unterricht genutzt wurde. Seit 2001 stand der

Großteil des Gebäudes und seit 2016 das gesamte Gebäude leer, da es nicht mehr den heutigen Wohnansprüchen genügen konnte.

Von der Ruine zum Kleinod 

An einem ungenutzten und nicht mehr beheizten Gebäude nagt zunehmend der Zahn der Zeit. So war es auch beim Altbirklehof, sodass
akuter Handlungsbedarf bestand. Mehrere Anläufe, ein Sanierungskonzept zu entwickeln, welches sowohl den anspruchsvollen Anforderungen der Denkmalpflege als auch den Anforderungen der Schule gerecht werden kann, scheitern an der Nutzung, den Kosten und der Umsetzbarkeit.

Zuletzt wurden auch Rufe wie „Ein Millionengrab, nur Abreißen hilft!“ laut. Der Schlüssel für ein tragfähiges Sanierungskonzept war schlussendlich die ganzheitliche Betrachtung der relevanten Themen Denkmalschutz, Bausubstanz, Nutzungsanforderungen, Baurecht, Brandschutz und Wirtschaftlichkeit durch das Planungsbüro Sutter³, welches spezialisiert auf die Sanierung und Nutzbarmachung von historischen Gebäuden ist.

Anstatt das Gebäude auseinanderzunehmen, eine neue Gründung (Fundamente) vorzunehmen und wieder neu zusammenzusetzen, wurde die historischen Konstruktion erhalten, schrittweise abgegraben und wo notwendig ertüchtigt. Durch diese Herangehensweise wurde der Erhalt erst möglich. Während der Bauzeit von Mai 2019 bis September 2020 waren insgesamt 19 Gewerke vor Ort.

Um die Finanzierung sicherzustellen, wurden verschiedene Förderprogramme wie z. B die Denkmalförderung, das Entwicklungsprogramm ländlicher Raum (ELR), das Leader Förderprogramm (EU) sowie ein Zuschuss durch Förderbank KfW beantragt und bewilligt. Weitere Bausteine waren Spenden der Denkmalstiftung Baden-Württemberg sowie privaten Förderern. Die Gesamtkosten für die Sanierung des Altbirklehofes belaufen sich auf 2 Millionen Euro, wovon ca. 20 % durch die
Zuschüsse und Förderprogramme getragen wurden.

 

Blick ins Altbirkle mit unserer 360 Grad Tour:

https://blendwerk-freiburg.de/wp-content/uploads/2020/pano/Altbirkle.html?fbclid=IwAR3WqM3wckz1YrhL-aOyYUVoa_nzLLfAaJD4pHJgIeexc-NSOvGJRosKYsM

 

Text: Christian Schwär, sutter³

Fotos: Christian Schwär

Leseempfehlung zum Magazin BAUART: https://bauart.online/

Die Bilder im Altbirkle stammen übrigens von der Künstlervereinigung Kosmos Schwarzwald. Herzlichen Dank für die wundervolle Ausstellung!

Rückansicht
Rückansicht mit grünem Klassenzimmer
Stube
Zweistöckige Rauchküche
Hausflur, Treppe ins 1. Obergeschoss
Hausflur, Treppe ins 1. Obergeschoss
Hausflur, 2. Obergeschoss
Hausflur, 2. Obergeschoss
Gemeinschaftsraum
Wohnbereich Jugendliche
Tenneneingang
Wohnbereich Jugendliche